Analysen von Pigmenten und Tinten

In diesem Teil der Datenbank werden die im Rahmen des Forschungsprojekts COENOTUR gesammelten Beobachtungen von Tinten- und Pigmentanalysen zusammengestellt. Diese Kompositionsanalysen wurden an einer Auswahl von insgesamt 52 Handschriften, die den Skriptorien von Tours zugeschrieben werden, durchgeführt. Die Ergebnisse sind in den Einträgen "Tintenanalysen" und "Pigmentanalysen" zusammengefasst.

Die 52 Handschriften wurden aus vier Beständen in Berlin (SBB), Paris (BnF), Tours (BM) und Rom (Vatikan) ausgewählt (hier aufgelistet). Die Texte sind inhaltlich vielfältig und behandeln sowohl religiöse als auch profane Themen. Die Kopierqualität ist unterschiedlich, das Spektrum reicht von schnellen Abschriften bis hin zu sehr reich illuminierten Sakramentaren. Entstanden sind die Handschriften im Zeitraum vom 9.–13. Jh., die Entstehungsorte sind z.T. unsicher. Alle Zuordnungen beruhen auf paläographischen und kodikologischen Analysen, deren Referenzen in der Datenbank zu finden sind.

Alle Manuskripte wurden mithilfe eines zweistufigen Protokolls analysiert. Zunächst wurde eine systematische Beobachtung der Tinten mittels Infrarot-Reflektographie unter Verwendung eines DinoLite Taschenmikroskops vorgenommen, danach erfolgte in einem zweiten Schritt eine Analyse mittels XRF (Röntgenfluoreszenz-Spektrometrie).

Diese Analysen ermöglichen es zwar nicht, die genaue Rezeptur der Tinten oder Pigmente zu rekonstruieren, dennoch können die verschiedenen anorganischen Komponenten, die im analysierten Bereich enthalten sind, charakterisiert werden.

Diese Charakterisierung zielt darauf ab, die Verwendung von Schreibmaterialien in frühkarolingischen Manuskripten aus Tours zu verstehen. Der Analysezeitraum wurde schrittweise bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts ausgeweitet, wobei auch Manuskripte einbezogen wurden, die außerhalb von Tours geschrieben worden sein könnten, um Vergleichsmöglichkeiten zu erhalten. Generell lässt sich durch die Analysen feststellen, welche Tinten und Pigmente in den untersuchten Handschriften verwendet wurden. Die Ergebnisse werden in französischer Sprache in dem sich noch in Vorbereitung befindenden Sammelband verfügbar sein, der sich mit den Ergebnissen des Projekts COENOTUR befasst. Dort wird sich neben weiteren Details zur verwendeten Technik und zur Methodik auch eine detaillierte Interpretation der Beobachtungen finden lassen.

In der Kategorie "Analyse" werden alle erzielten Ergebnisse zusammengefasst. Im Folgenden sind die Spektren für die einzelnen Pigment- und Tintentypen dargestellt, um die Zuordnung der Ergebnisse zu erleichtern.

Tinten

Vitriolische und nicht-vitriolische Eisengallustinte

Zwei Arten schwarzer Tinte vom Typ Eisengallus sind im Korpus vorhanden (grün und blau). Beide Spektren enthalten Eisen mit zwei erkennbaren Peaks bei 6,4 keV für Kα und 7 keV für Kβ. Dennoch unterscheiden sie sich in den Bereichen von Kupfer (Cu), Mangan (Mn) und/oder Zink (Zn) jeweils bei at 5,9 keV, 8 keV und 8,6 keV (hier zum Beispiel enthält das Spektrum in Blau Kupfer und Zink). Das grüne Spektrum enthält keines dieser Elemente, was die Verwendung von reinem Eisen (in Form von Nägeln oder Eisenspänen) zur Herstellung von Tinte recht wahrscheinlich macht. Dagegen enthält das blaue Spektrum die drei genannten Elemente, was spezifisch für die Verwendung von Vitriol bei der Herstellung der Tinte spricht [Klicken Sie auf das Bild, um die Spektren einzeln anzeigen zu lassen].

In den Manuskripten ab dem 12. Jahrhundert wurden außerdem in Miniaturen und an den Rändern zunehmend schwarze Tinten verwendet, die bei der Analyse die Eigenschaften von Eisengallustinte aufwiesen (Spektren mit einem starken Peak im Eisenbereich) und im Infrarotlicht wie Kohlensäuretinte reagierten. Diese Tinten werden als Mischtinten bezeichnet.

Pigmente

Rot

Drei Arten roter Pigmente konnten im Korpus gefunden werden: Eine Art, die nur Blei (Pb, mit Peaks bei 10,55 keV für Lα und 12,6 keV für Lβ) enthält, charakteristisch für Minium (schwarzes Spektrum). Eine zweite besteht ausschließlich aus Quecksilber (Hg, mit Peaks bei 9,98 keV für Lα und 11,82 keV für Lβ), charakteristisch für Zinnober (graues Spektrum). Auch eine Mischung aus beiden ist nachzuweisen (blaues Spektrum). Diese wird in der Datenbank als "Mischung aus Minium und Zinnober" bezeichnet.

Rote Pigmente

Gold

Goldpigmente tauchen nur in den an den aufwändigsten illuminierten Manuskripten der untersuchten Auswahl auf. Man verwendete offenbar verschiedene Präparate: Zum einen reines Gold (Au, mit Peaks bei 9,71 keV für Lα und 11,42 keV für Lβ, violettes Spektrum). Man benutzte aber auch, wohl zwecks Kostensenkung, mit anderen Elementen – insbesondere mit Kupfer (Cu, gelbes Spektrum) oder mit Eisen (Fe, rotes Spektrum) – vermischtes Gold. Außerdem zeigt sich in den späteren Manuskripten (nur in Handschriften nach dem 12. Jahrhundert) die Verwendung von Messing, einer Legierung aus Kupfer (Cu) und Zink (Zn) (schwarzes Spektrum).

Goldpigmente

Weiß

Im gesamten analysierten Korpus wurde nur eine einzige Art weißer Pigmente verwendet, die auf Bleibasis hergestellt wurde. Dies ist an den Peaks bei 10,55 keV für Lα und 12,6 keV für Lβ erkennbar, die für Blei charakteristisch sind.

Pigmentanalyse: Tours, BM, Ms 15, f. 98r, Bleiweiß
Bleiweiß

Grün

Die Analysen, die an den grünen Pigmenten im Korpus durchgeführt wurden, zeigten die Verwendung von Kupfergrün. Dieses Pigment ist an den Peaks bei 5,9 keV für Kα und 8,9 keV für Kβ erkennbar, die für Kupfer charakteristisch sind.

Pigmentanalyse: Berlin, SBB, Ms Ham 248, f.1r, Kupfergrün
Kupfergrün

Andere Farben (insbesondere Violett und Blau) wurden analysiert, die Ergebnisse zeigten jedoch die Verwendung organischer Pigmente. Weitere Analysen werden notwendig sein, um die Art des Pigments zu klären.

Zina Cohen